Zieher & Leeb schreiben Briefe (1-10)

11. Mai 2020

Ein Duo, das getrennt ist, ist wie ein Ei ohne Gelb, eine Hose ohne Knopf oder ein Schaum ohne Bad. Deswegen schreiben Zieher & Leeb jetzt Briefe. Einander. Also nicht wirklich Briefe, also Posts (oder wie das jetzt heißt) auf Facebook. Alle CovBriefe könnt ihr hier mitlesen: www.facebook.com/zieherleeb/

Die CovBriefe 1 – 10 sind hier zum Nachlesen.

CovBrief 1

Liebe Leeb,

verdammte Scheiße noch einmal! Da ist man ein Duo und auf einmal ist man keine Hälfte mehr davon, weil man gar nicht mehr im Duo sein darf. Zumindest nicht in Echtzeit und Echtnähe. Was waren das für Zeiten, in denen wir uns auf der Bühne echt so nahe waren und miteinander improvisiert haben, dass mir deine tröpfchenweise Übertragung von Worten schon ein bisschen zu flüssig vorgekommen ist. Oder du mir zärtlich-ekelhaft mit einem nassen Finger meine Augenbraue gerade gerichtet hast und ich – weil gerade auf der Bühne vor Publikum – mich nicht dagegen wehren konnte. In Zeiten wie diesen sehne ich mich fast schon wieder danach von dir angekörperlt, angeschwitzt und bespuckt zu werden. Und, wie geht’s dir so?
Es grüßt dich deine bessere Hälfte, Zieher

 

CovBrief 2

Liebe Zieher!

Schön, dass du schreibst. Da du dich bei deinen Zeilen an mich für ein Bild entschieden hast, das meine körperlichen Vorzüge dermaßen betont, gehe ich davon aus, dass du wohlauf bist und genug Energie aufbringst um Witze auf meine Kosten zu machen. Ich antworte noch mit nobelster Zurückhaltung und halte dich im Ungewissen, welches der vielen unvorteilhaften Bilder, die ich von dir habe, demnächst auf dieser Plattform zu sehen sein werden.
Auf die Frage, wie es mir geht: Gut. Habe heute Frühkraut blanchiert und werde es zu Krautfleckerl verarbeiten, hebe es mir dann für nachmittags auf, mir Gedanken über Freibäder ohne Wasser, Desinfektionsmitteln in unseren Adern und keinen Musik- und Turnunterricht in den bald geöffneten Schulen zu wundern. Wie sollen unsere dicken Kinder „I am from Austria“ singen lernen, wenn es die Polizei nicht mehr für uns vorspielt? Vielleicht kannst du mir das beantworten.
Es grüßt dich,
Koll. Leeb

 

CovBrief 3

Liebe Leeb,

ich kann Dir versichern, dass Deine nicht gerade subtile Botschaft mit dem Foto an mich als Zugezogene angekommen ist, denn nach mehr als 20 Jahren in Wien kenne ich natürlich die Redensart „Lass mi in Kraut“ sehr wohl. Vor unvorteilhaften Fotos habe ich keine Angst, denn wie sagte schon KonfuTse: „Dem, der im Inneren schön ist, können äußere Schmähungen halb Wurst sein.“ (siehe Foto!) Im Übrigen bin ich sehr dafür, dass die Polizei weiter den Musikunterricht übernimmt. Ich sehe da überhaupt mehr Möglichkeiten, dass die Polizei zusätzliche Bildungsaufgaben übernimmt. Beispielsweise den Mathematikunterricht, indem sie jeden Tag um 10 Uhr das Volk per Lautsprecher mit dem 1×1 beschallt und um 11 Uhr willkürlich einzelne Menschen abprüft. Wer die Antwort nicht weiß, würde dann gleich eingesperrt werden. So würden wir das Potenzial der Polizei voll ausschöpfen und könnten einiges beim Lehrpersonal sparen. Denn man sollte auch die Fähigkeiten des Lehrpersonals nicht überschätzen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Dich als ehemalige Lehrerin darauf hinweisen, dass in Deinem letzten Posting ein Rechtschreibfehler ist. Ich sage Dir aber nicht wo, weil ich Dich ermutigen möchte, selbst drauf zu kommen (außer es hilft Dir jemand). Ich sorge mich etwas, dass Du in dieser Corona-Zeit geistig und auch sonst verlotterst. Betreibst Du denn noch Körperpflege?
Es grüßt Dich Deine bessere Hälfte, Zieher

 

CovBrief 4

Körperpflege. Also wirklich, Zieher!

Nice try, aber ich bin sicher, dass du mit meiner silbanen Gesichtspflegemaske nicht mithalten kannst.
Dieses Frauenvertrottelungsprodukt ist für über die Nacht gedacht, bloß schaff‘ ich es nicht, nur am Rücken liegend zu schlafen. Hier schließt sich leider auch der ewige Kreis der glücklichen Hausfrau: Schönheit pflegen (Nachtmaske) endet mit Betten täglich frisch überziehen (Scheißdreck-Nachtmaske klebt überall im Bett) und tüchtiges Waschmaschine beladen und dann schwitzen, Gesichtsporen dadurch verstopfen, dann wieder Nachtmaske usw.
Daher trage ich diese tagsüber und glänze so bei einfachen Tätigkeiten im Alltag.
Der Babyelefanten-Abstand draußen in der Welt ist auch gewährleistet, weil wie wir wissen, lösen Depperte automatisch einen Ausweichreflex bei den Mitmenschen aus – Win-Win für mich.
Was sind deine Abstand-Strategien?
Gruß, Leeb
P.S. Ich hoffe, du findest alle Fehler in meinem Text. Es sind mehrere, ich sag dir nicht, wie viele. Enjoy the klugscheißing.

 

CovBrief 5

Liebe Leeb,

Reden ist bekanntlich Silber, Schweigen ist Gold. Deshalb schweige ich lieber zu Deiner Gesichtsfarbe. Allerdings bin ich froh, dass Du noch auf Dein Äußeres schaust, auch wenn sonst niemand drauf schaut, solange wir nicht öffentlich auftreten dürfen. Abstand halten gelingt mir recht leicht, denn wie die Wissenschaft heraus gefunden hat, braucht es nur Willenskraft und Charisma und schon weichen einem alle aus. Ich halte es hier mit Alexander dem Großen, der sagte: „Ich schaue nur gradaus.“ (auf Griechisch, natürlich). Ich mag dieses Abstand halten ja, da hat man mehr Platz für persönliche Entfaltung. Apropos Entfaltung: Unsere Mitlesenden Doris Goldner und Paul-Jürgen Wagner entfalten vor uns das österreichische Dilemma schlechthin: die einen wollen keinen Streit, die anderen fordern ihn sogar. Wir sollen also nicht streiten beim Streiten. Na, wenn da mal nicht die Regierung unser bestes Vorbild ist in der zur Schau getragenen Streitlosigkeit, Message Control und Selbstbeherrschung sind dafür unabdingbar. Ab sofort brauchen wir uns übrigens nicht mehr beherrschen und können uns, wenn wir wollen, sehen. Ich möchte das aber lieber langsam angehen, nicht zu viel Nähe auf einmal zulassen. Also wie wäre es mit einem Treffen im Herbst?
Es grüßt dich weit entfernt, Zieher
PS: Da das hier wohl noch länger gehen wird, hab ich mal eine Nummerierung begonnen und sie als Briefe gekennzeichnet, das hat so was Biblisches (Brief 5 der Coronasen an die Coroniten).

 

CovBrief 6

Hallo Zieher!

Ein Treffen im Herbst kann ich mir vorstellen, bin aber in der momentanen Situation absolut nicht in der Lage konkret etwas auszumachen. Das Konkrete ist in meinem Leben langsam abgetaucht und wie ein Dali-Bild zerronnen. Ebenso laufen Ameisen durch meine Küche, unsere Wanduhr zerfließt bei ihrem Tagwerk und mir wächst der Damenbart Gesicht-aufwärts. Dabei mag ich Dali nicht einmal.
Die Nummerierung dieser Briefe scheint eine sinnvolle Idee zu sein, löst bei mir aber sofort die Sorge aus, dass dieses Corona-Ding zeitlich biblische Ausmaße annehmen wird. Als Ablenkung dazu war die Verlockung heute zu IKEA zu fahren und endlich ein Billy-Regal zu kaufen schon sehr groß, jedoch schließt sich an dieser Stelle der Kreis zu meinem
Problem mit dem Konkreten und den damit verbundenen Handlungen.
Warst du schon Regal einkaufen?
Gruß, Kollege.Leeb
#FakeCov #TAG

 

CovBrief 7

Liebe Leeb,

da war ich ganz schön beeindruckt ob Deiner Kunstsinnigkeit! Ich dachte ja, du bist mehr Dallidalli als Dali. Ich habe mich jedenfalls gleich davon inspirieren lassen und ein Kunstwerk nachgestellt, das ist ja gerade der Renner im Online-Selfshowing. Ich habe mir – wie unschwer zu erkennen ist – Albrecht Dürers Feldhasen als Vorlage genommen und ich muss sagen, dass ich es ziemlich gut hingekriegt habe.
Das TAG wird übrigens jetzt auf Hörspiele umstellen, habe ich gelesen. Von daher ist dein dezenter Damenbart kein Hindernis für ein allfälliges Auftreten, außer der Bart rauscht beim Sprechen wie der von Methusalem oder der von Noah (hat der sich überhaupt noch rasiert auf seiner Quaratäne-Arche?) Biblische Ausmaße gefallen mir übrigens sehr gut: die Vorstellung, dass man in 2000 Jahren die CovBriefe nach Zieher&Leeb in improvisierten Hochämtern vorlesen wird, entspricht meinem Größenwahn. Apropos Größenwahn: Wieso gab’s eigentlich schon ewig keine Pressekonferenz mehr? Ich komme mir so verloren vor ohne tägliche Pressekonferenz und kann mich gar nicht mehr erinnern, wie wir vor Corona erfahren haben, wie der Hase zu laufen hat, ohne dass uns das in Pressekonferenzen mitgeteilt wurde. Mein Mitteilungsbedürfnis nimmt allerdings von Tag zu Tag ab, werde immer einsilbiger in den Gesprächen mit mir. Selbst beim IKEA-Einkauf war ich mir dann auf einmal gar nicht mehr sicher, ist das noch Schlangestehen oder doch schon Sommerurlaub. Und du, schon Urlaubspläne?
Gruß, Zieher
#FakeCov #TAG

 

CovBrief8

Hallo Zieher.

Ich konnte einige Tage nicht antworten, weil ich über deine Frage zu meinen Urlaubsplänen nachdenken musste.
Meine Conclusio: Ich glaube, ich bleib daheim.
Für mich ist eine Fahrt mit der Bim so aufregend – eine Hubschrauberflug über den Grand Canyon ist ein Schas dagegen. Weißt du, wo der tollste Platz in der Bim ist? Direkt hinter der Fahrerkabine – großes Fenster, Beinfreiheit (weil man eh stehen muss) und viel Frischluft, weil die Tür direkt gegenüber liegt. Ein Traum!
Habe mich letzte Woche auch lange in der Käseabteilung im Supermarkt aufgehalten. Einfach so. War auch sehr schön.
Ich bin ja total besoffen von meiner eigenen Genügsamkeit und bin gespannt, wann mein normaler Trottel-Modus mit Spaß-Shopping und Raunzerei wegen schlechter Bedienung im Lokal wieder losgeht. Bin aber grad so geerdet, wie mir in Lifestyle-Kanälen empfohlen wird und bin sicher, dass ich noch lang ein besserer Mensch bleibe.
Bist du auch grad besser als früher?
Leeb

 

CovBrief 9

Hallo Leeb,

na endlich meldest du dich mal! Ich dachte schon, du stehst immer noch an der Kasse vom schwedischen Möbelhaus an. Dabei hast du die Zeit offensichtlich vorbildlich genützt für deine Erdung. Mit dem Starkstrom wäre ich allerdings etwas vorsichtig, ich hab gehört, Bill Gates besitzt auch Stromfirmen und je mehr du dich erdest umso mehr profitiert er davon. Deine heimische Urlaubsplanung scheint mir recht zukunftsweisend. Ich habe mich darüber lang mit dem freundlichen römischen Legionär unterhalten, der nach Vindobona gereist und letztlich im Schlosspark Schönbrunn stehen geblieben ist. Wir sind beide sehr skeptisch, was das Reisen über heimische Grenzen hinaus betrifft. Wenn wir ehrlich sind: so schön ist es woanders auch nicht. Und früher war nicht alles besser (sagt er). Ich bin grad weder besser noch schlechter als früher. Von dieser ganzen übertriebenen Flexibilität in der Lebensführung halte ich nichts. Wenn man einmal einen Holzweg beschritten hat, soll man ihn auch weiter gehen, selbst wenn man sich einen Schiefer eingetreten hat und der Weg mittlerweile ein schiefer ist. Ich sehe hier Philippa Strache und Karin Kneissl als Vorbilder für uns Frauen. Die treten für ihre Männer selbst in schwierigen Zeiten ein. Kneissl kniet sich zwar jetzt nicht für ihren eigenen Mann rein, aber für Putin und seinen höchst objektiven Sender Russia Today, was wiederum ihre Fähigkeit zum Erkennen der wahren Größe eines Mannes beweist. Die hat Philippa ohnehin längst erkannt (nicht was du denkst!). Diesmal hat sie nicht aus dem Handtäschchen geplaudert, sondern hochphilosophisch getwittert: Wirklich große Männer erkenne man an ihren Worten und nicht an ihren Taten! Bäm! Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen. Gerede zählt mehr als Getue! Die aufmunternden Reden über die Bedeutung der Frauen in der Arbeitswelt sind beispielsweise wesentlich beglückender als die einschläfernden Statistiken über fehlende Erfolge bei der Beseitigung von Gehaltsunterschieden. Apropos Gehalt, wie schlägst du dich denn gerade so durchs Leben?
Es grüßt Dich, Zieher

 

CovBrief10

Hallo Zieher.

Also wow!
Dein Gebrauch von Actionwörtern aus dem Jugendsegment haut mich komplett aus der Bahn. Bam! Oder Bäm? Who knows?!
Mit Geld läuft es wirklich prima, es zahlt sich jetzt einfach wirklich aus, dass ich im Vorstand der Casinos Austria sitze.
Falls du dich auch dafür interessierst, ich könnte dich da reinbringen – also selbstverständlich weil deine Kompetenz und Leistungen für dich sprechen.
Ich würde mich wirklich drüber freuen, wenn du überhaupt deine Optionen ein bisserl genauer unter die Lupe nimmst. Was kannst du? Was sind deine Qualifikationen? In welchem Segment siehst du dich als Frau realistisch? Sprichst du Russisch? Oder kannst du zumindest pantomimisch Russisch-Deutsch dolmetschen?
Fragen über Fragen.
Also. Go Zieher! Ich schicke dir noch die Bewerbungsunterlagen für die Casinos-Sache, bitte antworte ASAP
Leeb
#FakeCov #Fakeoff #TAG #ZieherLeeb